home
***
CD-ROM
|
disk
|
FTP
|
other
***
search
/
Die ultimative Songtext
/
SONGTEXTE VOL. 1.ISO
/
SONGTEXTE NACH INTERPRET
/
R
/
Reinhard Mey
/
Alle_Soldaten_wolln_nach_Haus.txt
< prev
next >
Wrap
Text File
|
2000-03-17
|
4KB
|
87 lines
Alle Soldaten wolln nach Haus
Reinhard Mey
In K-Town tief in Western Germany,
zwischen Autobahn und Stra▀enstrich in der PrΣrie
da steht Gabis Pizza Palace und da bei▀t der GI
Frank Kowalski aus Fort Worth in seine Pizza Pie.
Und er trinkt bis ihm der Kopf auf die Theke fΣllt,
in K-Town, Western Germany, am Ende der Welt.
In Texas haben sie jetzt drei Uhr nachmittag,
wie hoch im Westen jetzt der Weizen stehen mag.
▄ber Gabis Pizza Palace scheint der bleiche PfΣlzer Mond,
und Kowalski ist jetzt endlich total zu und stoned.
"Fuck the Army" lallt er schwankend und fΣllt dabei
glatt auf den Knⁿppel der MilitΣrpolizei.
Alle Soldaten wolln nach Haus,
alle Soldaten wolln nach Haus,
sie wolln die Uniform nicht mehr,
den Stahlhelm und das Schie▀gewehr,
und auch nicht in den Kampf hinaus.
Soldaten wolln nur eins: sie wolln nach Haus.
In Potsdam in der russischen Garnision
streicht Igor in marxistischer Tradition
die Kasernenmauer an in lebensfrohem Grau,
die Farbe platzt gleich wieder ab, na klar, das wei▀ er genau.
Igor fΣhrt Panzer und wenn er hier den Pinsel schwingt,
dann weil sein Schrotthaufen in Friedenszeiten nie anspringt.
Vielleicht kommt das Ersatzteil eines Tags mit der Bahn
in seinem Dorf vorbei im fernen Jerewan
Dort sitzen sie jetzt hinterm Ofen und er streicht hier allein
und seine Jacke ist so gro▀ und seine Mⁿtze so klein
Und das Brudervolk lacht ⁿber ihn hinter der Hand
und ihm gehts wie den Genossen einst am Wolgastrand.
An der Grenze die durch Deutschland und Deutschland geht
steht der NVA-Gefreite Jochen M. und steht.
und er steht da im Regen und er steht auf dem Schlauch
und er steht sich die Beine un den volkseignen Bauch.
Und jetzt wo hier keiner mehr in den Westen abhaut,
von drⁿben keiner kommt und hier den Sozialismus klaut,
wo kein Hund mehr nach der Grenze bellt vergi▀t der Soldat
ab und zu schon mal den Arbeiter-und-Bauern-Staat.
Dafⁿr kommt ihm dann die junge Brigadefⁿhrerin
aus der LPG "9. November" in den Sinn.
Und er trΣumt sich mit ihr an den sch÷nsten Platz der Welt
in eine Datsche am Stadtrand von Bitterfeld.
16 Jahre ist Himmerk Harms aus Leer
er hat anderthalb Jahre Bi-Ba-Bundeswehr
und sie sind fⁿr ihn wie anderthalb Jahre Knast,
es ist bitter zu wissen was er drau▀en verpa▀t.
wΣhrend er hier einen streng geheimen Schlagbaum bewacht
wird da drau▀en getanzt, geliebt und gelacht.
dafⁿr lernt er endlich wie man in die Pfⁿtze fΣllt,
wie man MΣnnchen macht und HΣndchen an die Mⁿtze hΣlt.
und Himmerk Harms aus Leer, Ostfriesland, ist total frustiert,
man das nervt zu spⁿr'n wie man hier seine Zeit verliert.
Vielleicht in seinem Leben die beste Zeit
fⁿr nichts und wieder nichts und Leer, Ostfriesland, ist weit.
Der PrΣsident will auf dem roten Teppich gehn,
der Kriegsminister eines Tags ein Denkmal sehn.
Der Rⁿstungsbonze will, da▀ alle RΣder rolln
und jeder von den dreien will, da▀ die Soldaten das wolln.
Aber die das nicht mehr wolln werden jeden Tag mehr
und diese Hoffnung dieser Traum ist gar nicht so verquer.
Frank Kowalski nimmt den Ghettoblaster und setzt sich in Marsch,
Himmerk Harms schnⁿrt den Persilkarton und sagt . . . sagt er barsch.
Jochen M. eilt in die LPG zu seinem Schatz
und meldet sich zum freiwilligen Ernteeinsatz.
Igor fΣllt mit einem Sto▀seufzer der Pinsel aus der Hand,
ja Freunde, das, das ist der wahre Dienst am Vaterland.
Alle Soldaten wolln nach Haus,
am liebsten gleich und schnurstracks geradeaus.
Soldaten sind, man glaubt es nicht
aufs Sterben gar nicht so erpicht
und auch nicht auf das Feld der Ehre aus.
Soldaten wolln nur eins, sie wolln nach Haus.